Pastor Joneleit gestorben

Am 29. Januar 1981 erlag unerwartet in seinem 75. Lebensjahr Pastor Willy Joneleit einem plötzlichen Herzversagen. Von 1955 bis 1971 war er Leiter des Graf-Arnold-Alumnats, in dem zumeist Schüler des Gymnasiums wohnten; darüber hinaus war er dem Arnoldinum dadurch verbunden, daß er jahrelang nebenamtlich an der Schule als Religionslehrer tätig war und im Kollegium wegen seines heiter-freundlichen Wesens allgemein geschätzt wurde. In der großen Trauergemeinde, die dem beliebten Prediger am 3. Februar auf dem Burgsteinfurter Friedhof das letzte Geleit gab, waren neben ehemaligen und aktiven Mitgliedern des Lehrerkollegiums auch mehrere frühere Alumnen, die z. T. von weither angereist waren, um von ihrem Hausvater Abschied zu nehmen.

Pastor Joneleit wurde im Frühjahr 1955 als Hausvater an das Alumnat berufen, als sich dieses nach dem Weggang des ersten Leiters Dr. Reiß, des heutigen Präses der westfälischen Landeskirche, in einer kritischen Situation befand; aber der neue Hausvater und seine Gattin brachten eine reiche Erfahrung in der Arbeit an der heranwachsenden Jugend mit, so daß die Schwierigkeiten bald überwunden waren. Die Hauseltern Joneleit fanden in Burgsteinfurt ein Tätigkeitsfeld vor, das wie auf sie zugeschnitten war und für sie zur Lebensaufgabe wurde. Die Früchte ihres gemeinsamen tatkräftigen Einsatzes zeigten sich in den nächsten Jahren in der wachsenden Zahl der Alumnen.

Dem Alumnat fiel damals aus den Folgen des unseligen Krieges eine besondere Aufgabe zu: viele heranwachsende Jugendliche mußten in den entscheidenden Entwicklungsjahren ihren im Krieg gefallenen Vater entbehren, in den zerbombten Städten zwang die Wohnungsnot manche Eltern, für ihre Kinder in einem Schülerheim einen Platz zu suchen, und mancher Junge, der aus einer gescheiterten Ehe kam, brauchte ein neues Zuhause. So fehlte es, je weiter sich der gute Ruf des Burgsteinfurter Alumnats verbreitete, nicht an Anmeldungen; aber Voraussetzung für die Aufnahme ins Alumnat war die Aufnahme ins Gymnasium, und da gab es manchmal angesichts der vorgelegten Zeugnisse Bedenken. Wie oft bot Pastor Joneleit seine ganze liebenswürdige Überredungskunst auf, um einen prächtigen Jungen", der nur leider in Latein und Mathematik nicht ganz taktfest war, doch noch auf dem Arnoldinum unterzubringen -nicht immer mit Erfolg. Aber für manchen Jungen, der auf der höheren Schule zu scheitern drohte, ist das Alumnat dank der Fürsorge der Hauseltern die Rettung geworden, und wenn das Sorgenkind nach Jahren die Reifeprüfung geschafft hatte, dann glänzte das Gesicht des Hausvaters vor Freude und Zufriedenheit, und vergessen waren die oft wenig angenehmen Unterredungen, die er während der gymnasialen Laufbahn seines Zöglings mit skeptischen Fachlehrern hatte führen müssen. Manchmal freilich waren alle Bemühungen vergebens, und dem Hausvater fiel die bittere Aufgabe zu, die Eltern auf die ergebnislose Heimkehr ihres Sprößlings vorzubereiten. Undank war auch hier oft der Lohn aller Mühen; aber Pastor Joneleit, in einem festen Gottesglauben wurzelnd, verlor über allen Enttäuschungen nicht seinen pädagogischen Optimismus.

Für das Arnoldinum verkörpert der verstorbene Hausvater eine inzwischen abgeschlossene Periode der Schulgeschichte, in der die von den verschiedensten Gymnasien kommenden Alumnen - oft intelligent, aber verbummelt - frisches Leben und eine fruchtbare Unruhe in unser kleinstädtisches Gymnasium brachten, was sich u. a. darin zeigte, daß in den Blütezeiten des Alumnats die Alumnen öfters die Klassen- und auch den Schulsprecher stellten und einer von ihnen es sogar bis zum Kapellmeister der Schülerkapelle brachte.

Als 1971 das Graf-Arnold-Alumnat den veränderten Zeit- und Schulverhältnissen zum Opfer fiel und Pastor Joneleit selbst das Ruhestandsalter erreicht hatte, konnte er zusammen mit seiner Gattin befriedigt auf das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit zurückblicken: die zahlreichen ehemaligen Alumnen, die heute in den verschiedenen Berufen ihren Mann stehen, sind der beste Beweis für die Güte der Arbeit, die für sie und an ihnen von den Hauseltern im Alumnat geleistet worden ist.

Dr. Kunze